Gebietsreform im SFV-Gebiet wird zur Verbandsreform
Verfasst: 04.11.2008, 00:28
Leipziger Volkszeitung am 04.11.2008
Struktur-Gerangel geht in heiße Phase
Sachsens Fußball-Boss Reichenbach spricht erstmals Klartext über Verbandsreform
Sachsens Fußball-Boss Klaus Reichenbach lässt in Bezug auf die bevorstehende Strukturreform erstmals die Katze aus dem Sack. Der Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) erläutert gegenüber dieser Zeitung die beiden bisher wie eine geheime Verschlusssache behandelten Modelle.
Die Pläne der eigens dafür gegründeten Kommission werden am 10. November im SFV-Präsidium noch einmal behandelt und dann endlich der schon ungeduldigen Basis präsentiert. Das Gerangel geht also in die heiße Phase.
Reichenbach will „noch in diesem Jahr“ die Entscheidung für eine Variante. Ziel der ganzen Reform ist es, ab 2010 aus den Ebenen Bezirk und Kreis höchstens eine neue zu bilden und somit einen Beschluss des DFB-Bundestages umzusetzen. Der Dachverband will schließlich nur effektive Strukturen unterstützen. Werden diese nicht geschaffen, droht eine Mittelkürzung.
Modell 1: Unterhalb des SFV werden fünf Großkreise gebildet. Neben Dresden, Chemnitz und Leipzig könnten dies laut Reichenbach die Gebiete Lausitz/Oberlausitz mit Bautzen und Vogtland plus Erzgebirgs-Rand mit Zwickau sein. Die Kreisfachverbände müssten in einfache Unterabteilungen umgewandelt werden, entsprechend regt sich dort der Widerstand. Ein Vorteil ist freilich, dass ausreichend Geld für fünf hauptamtlich geführte Geschäftsstellen vorhanden ist.
Modell 2: Der SVF richtet sich nach der politischen Gebietsreform. Neben den drei Städten Dresden, Chemnitz und Leipzig würde es zehn weitere Kreise geben – also insgesamt 13 vom SFV zu führende Einheiten. Wegfallen würden auch da die bisherigen drei Bezirksfachverbände Dresden, Leipzig und Chemnitz. Keine Chance hätte die Idee, unterhalb des SFV nur diese drei Bezirksverbände beizubehalten und die Kreise als Abteilungen unterzuordnen. Die drei Einheiten wären dann laut Reichenbach „mit Abstand“ zu groß.
Das Spielsystem von Bezirksliga bis Kreisklasse soll bei beiden Varianten beibehalten werden. „Erste Prämisse ist für mich, dass der Spielbetrieb reibungslos funktioniert“, sagt Reichenbach. Und will die zwei Vorschläge genau auf den Prüfstand stellen und letztendlich zur Abstimmung bringen. „Am liebsten natürlich durch die einzelnen Vereine“, meinte er und kündigte einen demokratischen Entscheidungsprozess an: „Wir werden uns Zeit nehmen, wollen niemanden verprellen – es soll keine Reform von oben werden.“
Über den Delegiertenschlüssel können bei einer Abstimmung auch die Bezirks- und Kreisverbände Einfluss nehmen. Reichenbach habe das Gefühl, dass auf Kreisebene eher die Orientierung an den politischen Grenzen bevorzugt wird. Auf Bezirksebene sei es eher andersherum. „Ich bin für beide Varianten offen – eine ideale gibt es nicht“, so Reichenbach. Rein vom Verwaltungsaufwand wären die fünf Großkreise sicher einfacher zu führen als 13 kleinere Gebilde.
Ein ganz heißes Eisen ist auf jeden Fall eine Umwandlung der Kreisfachverbände wie Muldental, Delitzsch, Borna/Geithain oder Leipzig in bloße Unterabteilungen der Großverbände. Reichenbach hofft auf die Vernunft, schließlich gibt es diese vom DFB nicht gewünschte „e.V.-Version“ so nur noch in Sachsen. Auch sieht er das hohe Alter vieler dortiger Funktionäre – und hofft so auf Einsicht. „Wir wollen niemanden in die Wüste schicken. Es gibt für den Fußball ganz viel zu tun“, sieht er ausreichend Betätigungsfelder.
Fehlt die Einsicht, dürfte aber auch mit harten Bandagen gekämpft werden. Gegenüber dieser Zeitung erwog ein sächsischer Funktionär aus der Bezirksebene bereits die Möglichkeit, „Abweichlern“ mit einem Ausschluss aus dem Spielbetrieb zu drohen.
„Für mich zählt, wie wir es schaffen, dass der Aufwand für die Vereine nicht größer wird“, nennt der Delitzscher Verbandspräsident Manfred Otto diplomatisch seine Prämisse. Soll heißen, wegen eines F-Jugend-Spieles sollten nicht unbedingt 150 Kilometer zurückgelegt werden müssen.
Willi Wassel, Chef des Fußballverbandes der Stadt Leipzig, sieht wie die meisten seiner Kollegen durch die politische Kreisreform auf jeden Fall Handlungsbedarf. „Die Fußballverbände in Sachsen sind von dieser betroffen, so kann es nicht bleiben“, weiß Wassel. Aber er fügt zu: „Es gibt kein deutsches Gesetz, dass mich zwingt, meinen Verband aufzulösen.“ Sein Vorstand habe sich diesbezüglich noch keine Meinung gebildet. Er selbst findet „ganz persönlich“ eine Auflösung nicht gut und neigt nicht zu einer solchen.
Der Sinn einer Umwandlung in bloße Abteilungen scheint zumindest fragwürdig. „Mein Revier würde so groß wie bisher bleiben“, stellt Wassel fest. „Und wer will, der kann bei uns mitspielen.“ Das werde schon jetzt so gehandhabt. Bei den bevorstehenden Diskussionsrunden der SFV-Oberen mit den „Provinzfürsten“ ist also ausreichend Zündstoff vorhanden.
Torsten Teichert